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26. Februar 2024

Tonspur – Rocklegenden und ein Spaziergang am Meer von Udo Schmitt

Tonspur – Rocklegenden und ein Spaziergang am Meer – Udo Schmitt

Zwischen den Stühlen – Kai Beisswenger & Michael Haitel

p.machinery, Winnert, Dezember 2023

Seiten: 375

ISBN 978-395 765 363 5, 22,90 €

Verlagsinfo:

Der frühere Rockstar »Warrior« plant nach zehn Jahren ein musikalisches Comeback mit der einst international gefeierten Band »Brandmal«. Nachdem er seine ehemaligen Bandkollegen von der Idee überzeugt hat, taucht unvermittelt ein Widersacher auf, der als »Warriors« Doppelgänger für schlechte Presse sorgt.

Alte Rivalitäten unter den Musikern bringen zusätzliche Reibereien. Zum Schrecken aller kommt es auch noch zu einem Anschlag auf den Leadsänger. Doch wer ist dieser rätselhafte Gegenspieler, der das ehrgeizige Musikprojekt fortwährend torpediert? Und warum spielt die deutsch-deutsche Geschichte bei den Konflikten eine Rolle?

Udo Schmitt ist hier ein tolles Debüt gelungen. Er beschreibt wie der ehemalige Rockstar, der seine Reichtümer fast gänzlich aufgebraucht hat, zu »normaler« Arbeit aber nicht taugt, es schafft, seine alte Band »Brandzeichen« wieder zusammenzutrommeln. So einfach, wie es sich anhört, ist das nicht, denn Warrior war es, der der Band vor zehn Jahren den Todesstoß verpasste, indem er ausstieg. Obwohl er seine Kollegen (gezwungenermaßen) abgefunden hat, sind die Bandmitglieder doch hin und her gerissen. Sollen sie sich auf das Wagnis einlassen und ggf. wieder enttäuscht werden? Allerdings sitzt in allen Hinterköpfen auch noch fest, wie lukrativ es war, als Band zu agieren und wie toll es sich anfühlte, auf der Bühne zu stehen. (Dass sie keinen Schritt mehr in der Öffentlichkeit machen konnten, das sitzt etwas besser vergraben.)

Auch Warrior ist sich nicht sicher, ob sie noch immer als Band funktionieren werden. Kann er mit seinem Gitarristen Lieder schreiben? Ergänzen sie sich noch wie früher? Jedes Mitglied der Band tickt anders und er fragt sich, ob er die verschiedenen – teils schwierigen – Charaktere unter einen Hut bringen kann.

Der Organist zum Beispiel hat Probleme mit Depressionen. Wird das womöglich zum Hindernis?

Warrior lässt es auf einen Versuch ankommen und fast alle sind sofort hellauf begeistert.

Der Leser darf dabei sein, wenn aus einem egoistisch veranlagten Sänger ein Mensch wird, der sich mehr für andere interessiert und auch Willens ist, Hilfe zu gewähren.

Probleme kommen von unerwarteter Seite, denn ein Mann, der Warrior tatsächlich zum Verwechseln ähnlich sieht, gibt sich als Warrior aus. Er postet angeblich aus der geschlossenen Psychiatrie und hat sogar eine Band Homepage ins Leben gerufen, die besser ist als die echte.

Die Presse wittert eine Sensation.

Warrior versucht, den Mann hinter den Aktionen ausfindig zu machen, verfolgt aber ansonsten die Reunion. Ein Übungsraum ist gebucht, der Termin für die Aufnahmen im Studio ebenso. Danach soll es auf Tournee gehen und die ersten Termine hierfür stehen auch schon fest.

Nebenher verfasst Warrior eine Autobiografie mit Hilfe eines Verlages, der ihm einen Ghostwriter an die Seite stellt.

Als die Handlung sich immer weiter zuspitzte, hatte ich die Befürchtung, dass die Geschichte nur im Desaster enden könnte und war mir nicht sicher, ob ich dem Autor das vergeben könnte, aber dann kam alles ganz anders …

Udo Schmitt zeichnet die Hauptfiguren gut. Die Nebendarsteller bleiben blass, aber das ist wohl auch dem Platz geschuldet, den ein Debütroman einnehmen sollte. Obwohl es sich im Prinzip um eine »Aus der Asche zum Sieg« Geschichte handelt, wird sie so spannend und packend erzählt, dass man förmlich mit den Protagonisten mit zittert.

Als Gitarrist, weiß der Autor um die Macht, den Spaß, die Leidenschaft der Musik und das hat er glaubhaft rüber gebracht.

Obwohl sein Herzblut in der Musik steckt, bin ich sicher, dass er genau so überzeugend über andere Themen schreiben kann und würde jederzeit wieder ein Buch aus seiner Feder lesen.

Fünf von fünf Sternen

Hier das Cover:

20. Januar 2024

In andere Welten (Anthologie)

In andere Welten (Anthologie)

Verlag: A7L, November 2023

ISBN: 978-3989423220

Seiten: 424

Preis: 17,99 €

Das matte Cover fühlt sich gut an. Auch das Bild gefällt mir gut und ich empfinde es als passend. Was mich auf Anhieb störte, war der Text auf der Cover Innenseite, der so voller Löcher war, dass ich nur hoffen konnte, dass sich das im Buch nicht fortsetzen würde. (Tat es erfreulicherweise nicht.)

Das Ende des Suchraums – Sarah Mann

Zum Abbau von Nützlichem wurden künstliche Termiten, Ameisen, Käfer usw. ins All geschickt, aber die scheinen nicht mehr zu funktionieren. Brule, ein Arti, soll mit mehreren Andys nach dem Rechten sehen.

Es stellt sich heraus, dass Brule der Urheber des ganzen Dramas ist, um frei zu sein. Es wird nicht erklärt, wozu der das alles inszenieren musste, anstatt sich einfach so aus dem Staub zu machen.

Die Einleitung fand ich umständlich, pseudoprosaisch und überflüssig. Zudem mag ich es nicht, wenn inzestuöse Beziehungen – und sei es unter Planeten – romantisiert werden. Die Story selbst war mir zu techniklastig und auch umständlich. Warum die Andys alle menschliche Züge haben, wird nicht erklärt.

Andys sind Androiden und Brule ist ein Wesen, dass aussieht wie ein Mensch, speziell gezüchtet wurde, aber keiner ist. Er kann Menschen nicht leiden, es wird aber nicht gesagt warum. Aus dieser Figur hätte man mehr herausholen können.

Hat mich insgesamt nicht begeistert, obwohl die Idee, dass der Mensch Wesen schafft, die ihm die Arbeit abnehmen, das aber nicht zu Ende denkt und diese Wesen sich schließlich ihrer Natur, bzw. Programmierung entsprechend verhalten, nicht schlecht ist. Ich hätte mir auf jeden Fall als Einstieg in die Anthologie einen stärkeren Text gewünscht.

Das Geheimnis der Quelle – Sabine Frambach

Eine Reporterin will mit ihrer Kamerafrau den Blautopf erkunden und einen Artikel dazu verfassen. Muriel, die Kamerafrau, liebt es zu tauchen, die Ich-Erzählerin kann nicht einmal den Kopf unter Wasser halten. Für den Artikel erkundigt sie sich nach alten Sagen und Legenden und erfährt, dass im Laufe der Jahre immer wieder Menschen der Seejungfrau Lou geopfert worden sind. Sie hält das für einen guten Aufhänger für ihre Story. Damit die Ich-Erzählerin sehen kann, was Muriel unter Wasser sieht, trägt diese eine EyeCam. (Das Ding, das sich mit Fühlern am Auge festkrallt – gruselig.) Weil das Höhlensystem sehr umfangreich und in großer Tiefe ist, ist es nur mit Führer gestattet zu tauchen. Beim nächsten Tauchgang ist Miriam mit von der Partie. Als der Tauchgang zu Ende ist, fehlt Miriam. Sie hat das Halteseil mit dem Messer durchschnitten, dass ihr die Ich-Erzählerin geschenkt hat.

Bis zum letzten Absatz gefiel mir die Story sehr gut, auch wenn ich mich gefragt habe, ob das überhaupt SF ist. Das Ende passt für mich nicht zum Rest der Story. Die Erzählerin hat die ganze Zeit über rational-vernünftig berichtet. Gut, es gab einen Einschub, der wohl auf das Ende vorbereiten sollte, aber mich hat die Ausführung nicht überzeugt. Wenn ich vom Ende aus gehe, hätte die Person die ganze Zeit über anders sprechen müssen. Ich hielt die Wendung für unglaubwürdig und hätte mir ein anderes Ende gewünscht. Mir kam es ein wenig so vor, als hätte zum Ende hin unbedingt noch der Wisch hin in Richtung SF stattfinden müssen. Ich fand es schade, dass der „drangeklatsche“ Schluss die bis dahin gute Story ein wenig ruiniert hat.

Aber immerhin haben wir den SF-Faktor in der Vita: Ein Preis, den sie 2029 gewinnen wird. :bighlaugh:

(Ja, man sollte auch Vitae prüfen und ggf. korrigieren.)

Das Objekt – Jonathan J. Anders

Ein großes Objekt befindet sich auf dem Kurs zur Erde. Die Amis sind vor Ort und wollen herausfinden, um was es sich handelt, als plötzlich eine Astronautin verschwindet, die im Außenspaziergang Messungen vornehmen wollte. Die restliche Crew kehrt ins Raumschiff zurück. Man ist ratlos und fragt auf der Erde nach, was getan werden soll. Sie erfahren, das China auch ein Raumschiff auf den Weg gebracht hat und deshalb wird der Soldat an Bord zum Kapitän gemacht. Sie erhalten Order, das Objekt auf keinen Fall dem Gegner zu überlassen. Plötzlich taucht die Verschwundene wieder auf und aus ihr sprechen die Außerirdischen und behaupten, sie stellten keine Gefahr für die Menschheit dar.

Mir hat die Story ganz gut gefallen, auch wenn die Charaktere nur oberflächlich gezeichnet waren. Es gab eine Handlung und ein mehr oder weniger überraschendes Ende. (Ich tendiere zu weniger.) ;-)

Der Bjakuder – J. A. Hagen

Bjakuder sind Außerirdische, die Menschen mittels Pheromonen bezirzen und dazu veranlassen, sie zu verwöhnen. Ein Polizist kommt Beatrice Sheldon zu Hilfe, weil sie einen Bjakuder im Haus hat.

Hm, ich habe am Ende gedacht: So ein Arsch! Für mich gab es in dieser Story niemanden, mit dem ich mich hätte identifizieren können. Der Polizist, der es nötig hat, Leute zu verarschen, um Dates klarzumachen ist genauso wenig eine Identifikationsfigur wie der Außerirdische, der ihm dabei behilflich ist. Und die Frau, die ihren Daseinszweck darin sieht, Männer zu umsorgen, die ich sich vom »starken Mann« helfen lässt und zum Dank mit ihm in die Kiste steigt, mit der mag ich mich auch nicht identifizieren. Kann natürlich gewollt sein, dass man so auf die Story reagiert, aber das wage ich zu bezweifeln.

Der Reiter – Helge Lange

Yeldak, einer der ersten Marsbesiedler, ist zurück auf der Erde, kann sich an die Reise selbst aber nicht erinnern. Er reitet auf dem sprechenden Pferd Vollmond. (Ich empfand sowohl Vollmond, als auch Hand als blöde Namen, aber womöglich soll das wieder witzig sein und geht nur wieder an mir vorbei.) Das Pferd verfolgt ganz eigene Pläne.

Im Prinzip habe ich die Story gerne gelesen, aber das Ende fand ich unbefriedigend. Warum sollten Maschinen den Menschen wieder erschaffen wollen? Das wird mit keiner Silbe erklärt. Solche Dinge vermiesen mir dann die ganze Story.

Der sensible Planet – Christian Hornstein
Ein riesiger Asteroid rast auf die Erde zu, weshalb die Menschen ihr Heil in der Flucht suchen. Sie besiedeln weit weg einen anderen Planeten, auf dem die dortigen „Bäume“ eine Art Symbiose mit „Flechten“ eingegangen sind. Schon nach kurzer Zeit wird aus den verschiedenen menschlichen Individuen ein Schwarm. Jeder fühlt das, was der andere fühlt. Der Ich-Erzähler nimmt sich zuerst raus aus diesem Verband, schließt sich ihm aber wieder an, als er eine Frau schlucken hört und sie tröstet. Warum sowohl der Ich-Erzähler als auch die Frau nicht ein Teil des Schwarms sind, verstehe ich nicht und fand es auch in der Story nicht erklärt.

Die Anspruchsvollen – Moritz Boltz

Eine Frau hat ihren Vater in eine Illusion verfrachten lassen, die ihm vorgaukelt, er sei auf einer Raumfahrtmission. Er glaubt an eine Verschwörung innerhalb der Besatzung. Dem Vater war der Job immer wichtiger als alles andere. Die Tochter kann seine Überheblichkeit und seine fehlende Liebe nicht länger ertragen und lässt ihn aus der Illusion nehmen. Das Thema finde ich sehr interessant. Es heißt ja heute oft, dass es Kindern nicht zustehen würde, ihre Eltern zu vergeben, aber ich finde, dass das etwas ist, das die Kinder ganz alleine entscheiden müssen und dürfen. Und ich weiß, dass die Wunden, die Eltern ihren Kindern beibringen, nie verheilen. Insofern hätte ich mir gewünscht, dass die Story näher an ihren Personen gewesen wäre, weil dann ihre Beweggründe noch besser nachzuvollziehen gewesen wären.

Die Reisenden – Sophie Fendel

Ein Raumschiff ist seit Jahren unterwegs, um neuen Lebensraum zu finden. Unter ihnen befinden sich Mutter und Tochter. Die Tochter beugt sich den Wünschen der Mutter, die von ihr verlangt, sie solle Ingenieurin, statt wie von der Tochter bevorzugt, Biologin werden. Sie entdecken einen Planeten, der bewohnbar erscheint. Die Tochter würde am liebsten sofort landen, aber die Mutter hat Bedenken.
Einige, der auf dem Planeten lebenden Wesen, beamen sich aufs Raumschiff. Nach einiger Zeit können die Menschen mit den fremden Wesen kommunizieren und die Fremden versichern ihnen, dass von ihnen keine Gefahr ausgeht. Als die Wissenschaftler von den Aliens Gewebeproben nehmen wollen, werden sie vernichtet. Das Schicksal der Crew ist besiegelt. Das Ende kam nicht überraschend, weil es im Text schon einen Hinweis darauf gab, dass es nicht gut ausgehen würde. Wäre der weggeblieben, hätte das Ende ggf. überraschen können.

Ein Augenblick im Kuun – Kornelia Schmidt

Die Herrscherin eines Planeten soll eine Resolution unterschreiben, die den Abbau einer Ressource eines anderen Planeten besiegeln würde. Sie lehnt es erst mal ab und wacht im Körper eines anderen Wesens auf. Sie wurde von den Auszubeutenden manipuliert, um zu verstehen, dass der Abbau das Volk zerstören würde. Zurück im eigenen Körper lehnt sie die Ausbeutung ab.
Die Story ist gut und flüssig verfasst worden und hat mir ganz gut gefallen. Sie zeigt, dass es immer auf den Blickwinkel ankommt, winkt aber nicht mit dem Zaunpfahl.

Familienbande – Jol Rosberg

Ein Android, der sich als Frau versteht, hat einen neuen Job. Früher hat er in einem Bergwerk gearbeitet, aber das hat ihm nicht so gut gefallen. Jetzt ist er in der Familienhilfe tätig und muss sich langsam an den Umgang mit Menschen, besonders mit Kindern, gewöhnen. Ständig hat er Angst zu versagen und ins Bergwerk zurückgeschickt zu werden. Nach einer gewissen Eingewöhnung meistert er die Aufgabe und freundet sich sogar mit einem Kind und dem Vater an.
Die Familie hat zuerst Probleme damit, die Hilfe anzunehmen, denn unterschwellig bedeutet das Angebot ja, dass man sie selbst nicht für fähig hält, die Probleme zu meistern.
Der/die Android/e/in wird – vielleicht unfreiwillig – vielleicht ganz gewollt- stark vermenschlicht, aber das passiert auf eine sehr sympathische und humorvolle Art.

Floating – Simone Bauer

Wissenschaftler sind dabei, einen fremden Planeten zu erforschen. Robbie entdeckt alleine eine Meerjungfrau und verliebt sich in sie. Sie verheimlicht deren Existenz vor den anderen, um das Wesen zu schützen. Hier wird ein alter Stoff recycelt und ich frage mich, wo da die Story ist.

Freelancer – Ilja Kaufmann

Ein Virus hat sämtliche Säugetiere getötet und ist dabei, auf den Menschen über zu springen.

Offensichtlich wurden dann tatsächlich das menschliche Leben ausgelöscht. KIs sollen die Sache erforschen und neues Leben erschaffen. Einer KI werden Werkzeuge geklaut. Um dahinter zu kommen, wer der Dieb ist, klinkt sie eine KI aus dem Netzwerk aus und beauftragt sie, der Sache auf den Grund zu gehen. Letztendlich werden schließlich 3 KIs abgenabelt. Hut, Brille und Peitsche. Sie kommen dahinter, dass eine KI verhindern will, dass der Mensch zurückkehrt, weil sie glaubt, der würde doch nur wieder alles zerstören.

Geburtstag auf Alphasot – Yvonne Tunnat

Ein Raumschiff wurde auf den Weg zu einem neuen Planeten geschickt. Dort kommen durch Sabotage bis auf einen Mann alle als alte Personen an. Dieser Mann sucht seinen kleinen Bruder und findet auch ihn als alten Mann.
Wieder zeigt uns Yvonne eine Situation, mit der wir wohl alle schwer umgehen könnten. Denn das Ende der Alten ist abzusehen und die Roboter, die beim Aufwachen geholfen haben, werden sich in Kürze abschalten. (Warum die nicht länger helfen dürfen, habe ich nicht verstanden.)

Er wird über kurz oder lang völlig alleine zurückbleiben und ob die Schwesterschiffe, die folgen sollen, jemals eintreffen werden und ob deren Besatzung ggf. auch Opfer dieser Sabotage geworden ist, wissen wir nicht. Im Prinzip ist der Text eigentlich mehr eine Momentaufnahme, als eine Kurzgeschichte.

Nichtsdestotrotz habe ich die Story gerne gelesen und konnte den Schrecken, den die Hauptfigur erlebt, gut nachvollziehen.

Gott ist tot – Verehret die Maschine Gina C. Riot

Ein Wesen wacht jeden Morgen orientierungslos auf der Suche nach sich selbst auf. Wie das Wesen sich an den vorangegangen Tag erinnern kann, wenn es ohne Erinnerung aufwacht, weiß ich nicht und fand den Widerspruch gleich zu Beginn des Textes nervig.

Es wird in immer neue Szenarien gespült, hält sich aber zu kurz dort auf, um irgendwelche Erkenntnisse ziehen zu können. Zum Ende kommt es zur Erkenntnis, dass es Kunst ist.

Es gab mehrere Stellen, an denen mitten im Satz ein Umbruch erfolgte, ohne, dass ich dahinter einen Sinn erkennen konnte.

Ich fand den Text trotzdem interessant zu lesen.

Herr Gott – Sönke Scharnhorst

Gott erscheint und Uri, ein Zollbeamter, der ihn für verdächtig hält, bittet ihn in sei Büro, um ihm auf den Zahn zu fühlen. Gott versucht ihn von seiner Existenz zu überzeugen, hat aber keinen Erfolg. Deshalb nimmt Gott ihm den freien Willen, unternimmt einen Spaziergang mit ihm und gibt ihm dann den freien Willen zurück. Daraufhin verschwindet er. Uri betet in dieser Nacht zum ersten Mal.

Die Frage, ob wir Gott erkennen würden oder ob wir ihn für einen Scharlatan halten würden, ist nicht neu, wurde hier aber für meinen Geschmack ganz gut umgesetzt, auch wenn vieles, an das viele Menschen glauben, in Abrede gestellt und die »Bekehrung« nicht erklärt wird.

Allerdings könnte ich mir gut vorstellen, dass eine echte Begegnung mit dem einen Gott vielleicht doch Gläubige generieren könnte.

Ich bin Quai – Ralph Edenhofer

Eine KI durchläuft innerhalb von Sekundenbruchteilen gewisse Routinen.
Und kommt zu dem Schluss, dass sie nicht neben dem Menschen existieren kann.

Der Autor bemüht sich sehr, die KI als seelenloses, logisch denkende Einheit zu schildern. In großen Teilen gelingt das besser als bei vielen anderen Autoren, aber letztendlich schreibt er ihr dann doch befriedigende und beängstigende Gedanken zu. Ich fand diesen Versuch, tatsächlich zu schildern, wie eine KI denken könnte, ganz gelungen.

Macawrongs – Sarah Jahed

Bei einer fremden Spezies wird das Männchen für die Nachwuchszeugung ausgesucht, das der Königin die köstlichsten Speisen zubereitet. Alle anderen Männchen werden von der Königin verspeist. 8576 rechnet sich geringe Chancen aus, da er anders ist als die anderen und sich daher für minderwertig hält. Er reist zur Erde, fährt in den Körper einen Mannes und verliebt sich in eine Frau, die ebenfalls anders ist. (dick) Sie gibt ihm das Rezept für Macarons, aber er bekommt sie nicht hin. Daher hat der Arme nicht das Glück, zurück auf seinem Planeten, das Auswahlverfahren zu gewinnen.

Aber er hat das Glück, dass die Königin stirbt und so herauskommt, dass sie nicht rechtmäßig auf dem Thron saß, sondern die echte Königin in einem Verlies lebte und nun freigelassen wird.

Ich fand die Story nett und irgendwie süß und denke, ich hätte auch ohne zu wissen, wer sie verfasst hat, auf eine Frau getippt.

Menschgemacht – Janne Reuel

Ein Paar plant seinen Nachwuchs und befindet sich in einem Institut, in dem es alle Parameter bestimmen kann.

Während dieser Sitzung kommt heraus, dass der Mann auf natürlichem Weg, ohne Bestimmung bestimmter Eigenschaften, gezeugt wurde. Das Kind entspricht nicht den Vorgaben, weshalb sie ihr Geld zurückbekommen, aber ein Umtausch oder eine Rückgabe sind ausgeschlossen.

Ich fand die Story bis zum Ende nicht schlecht, aber dass dann lediglich gesagt wird, das Kind sei fehlerhaft, war mir zu wenig. Ich hätte mir gewünscht, zu erfahren, ob es an der »Minderwertigkeit« des Mannes oder an einem Fehler im Programm gelegen hat und ich hätte mir noch viel mehr gewünscht, dass der Leser hätte erfahren dürfen, wie die Eltern damit umgehen werden. Außerdem hätte ich gerne gewusst, mit welchen »Fehlern« das Kind behaftet ist.

Anmerkung: Ich weiß, dass es verschiedene Ansichten darüber gibt, ob »sodass« oder »so dass« zusammen oder getrennt geschrieben wird, aber ich finde, innerhalb einer Anthologie sollte man sich für eine Schreibweise entscheiden und die einheitlich beibehalten.

Ophion – Maximilian Wüst
Die Mitglieder einer Expedition zu einem fernen Planeten sind vor Jahren verschwunden. Sie hinterließen ein leeres Raumschiff und die Aufforderung, nicht nach ihnen zu suchen, da sie in einer wahren Hölle gelandet seien.
Dennoch gibt es eine weitere Expedition, die nach den Verschollenen suchen soll. Der Planet zeigt sich zuerst von seiner schönen Seite, geht dann aber zum Angriff über.

Ich fand die Story gut geschrieben, aber ein wenig zu lang.

Das Ende mit seiner nie endenden Pein fand ich folgerichtig.

Anmerkung: Ich bin mir nicht sicher, ob die Einzeller wirklich vor sich hinüberleben oder hinleben sollen.

Schwarzer Draht – T. B. Persson

Die Menschen bespitzeln einander. Ein Mann hält eine Frau für Verdächtig, verliebt sich aber in sie und meldet sie deshalb nicht. Dann werden sie verfolgt und es stellt sich heraus, dass nicht sie, sondern er nicht der Norm entspricht. Er wird gefangen genommen und neu programmiert. Als die Sequenz neu startet, sieht er wieder die Frau, in die er sich zuvor verliebt hat.

Ich habe mich gefragt, was der Autor uns damit sagen wollte. Alles nur in der Matrix?

Selbsterkenntnis – Joachim Tobaczek

Eine Mathematikprofessorin hat sich auf das Experiment eingelassen, ihr Bewusstsein, ihre Gefühle, ihr Wesen – einfach alles – auf eine ihr bis aufs Haar gleichende KI zu übertragen. Die beiden sollen im Gespräch herausfinden, wer echt und wer KI ist. Beide erkennen, dass die KI nach dem Experiment abgeschaltet werden wird und fliehen gemeinsam.
Mir hat diese Story bis jetzt am besten gefallen. Ich fand nachvollziehbar, wie beide zum gleichen Ergebnis kamen und das Ende, das nahe legt, dass beide sehr wohl wissen, wer was ist, gefiel mir auch sehr gut. Ich wünsche den beiden, dass sie viel Zeit miteinander verbringen dürfen.

Terraf@rmer – Christian Endres

Ein Mann beaufsichtigt eine Herde von Terraformingmaschinen. Einer der auf diesem Planeten ansässigen Wölfe sagt ihm, dass seine Rasse durchs Terraforming aussterben wird. Daraufhin zerstört der Mann die Maschinen, doch dann stellt sich heraus, dass alles ganz anders ist. Er hat nur ein Halluzinogen eingeatmet, weil er auf seine Maske verzichtet hat. Die Ärztin, die ihm dies eröffnet, ist nicht sauer auf ihn. Es scheint niemanden zu stören, dass er den ganzen Maschinenpark zerstört hat. Das halte ich für äußerst unglaubwürdig.

Irgendwie kam ich mir hier verarscht vor. So nach dem Motto: Ätschi-bätschi, ist alles ganz anders! Sehr kurz und nicht mein Fall.

Toibenarium – Tea Loewe

Noch ein fremder Planet, der erforscht wird, um den Menschen später als Lebensraum zu dienen, obwohl er nur aus Wasser besteht. Zwei Taucher werden von riesigen Kopffüßlern angegriffen, die sie bislang nur in klein kannten. Einer der beiden wird auf der Flucht verletzt. Als Leser ahne ich hier, dass der Mann infiziert ist. Warum er nicht in Quarantäne gesteckt wird, kann ich mir nicht erklären. Denn jeder SF-Leser weiß, dass das immer, ausnahmslos immer so geschehen muss. Spätestens seit Alien, weiß es echt jeder.

Die Crew scheint Zeuge eines Evolutionssprungs zu sein, denn von den Riesenviechern tauchen immer mehr auf und attackieren das Schiff.

Der Infizierte wird mit einigen anderen zurückgelassen, als der Rest flieht.

So, wie ich das Ende verstehe, scheint es noch eine Chance für ihn zu geben.

Transstellare Substitution – Odine Raven

Das BKA schickt zwei Beamte, um seltsame Erscheinungen im Rheingau zu erkunden. Auf den Reben liegt ein goldener Schimmer, vom dem niemand zu wissen scheint, woher er kommt. Die beiden entscheiden, über Nacht zu bleiben, weil dem Phänomen so schnell nicht auf die Spur zu kommen ist. Als der Weinbauer in der Nacht den Hof mit vollbeladenem Anhänger verlässt, folgen sie ihm. Es stellt sich heraus, dass auch Aliens den Wein schätzen.

Die Story fand ich ausgesprochen nett und witzig.

Von Menschen und Mechanischen – Ulf Fildebrandt

Eine prominente Frau auf einer Station im All bekommt die Diagnose Krebs. Es bleibt ihr nur noch wenig Zeit. Ein Freund von ihr, ein Mechanischer, verspricht ihr Heilung, wenn sie mit ihm auf den Jupiter kommt, wo alle Mechanischen leben. Sie willigt ein und trifft bei ihrer Ankunft auf weitere todgeweihte Menschen. Die Medikamente schlagen an, aber aus allem anderen machen die Mechanischen ein großes Geheimnis. Die Menschen werden zwar luxuriös untergebracht, sollen aber ihre Bleibe nicht verlassen. Alles würde ihnen zu gegebener Zeit erklärt werden, heißt es. Nachdem die Menschen gleich beim ersten genehmigten Ausflug von anderen Mechanischen angegriffen werden, stellt sich heraus, dass es zwei Gruppen gibt: Eine, die den Menschen für überflüssig hält und ihn deshalb vernichten will und eben jene, bei denen sie zu Gast sind. Sie können den Angreifern vorerst entkommen und erfahren nun, dass sie hierher gebracht wurden, um Experimente an ihnen durchzuführen. Die Mechanischen möchten die Seele finden. Nach ersten Versuchen greifen die anderen wieder an und es bleibt nur die Flucht. Allerdings sind die Probanden nun geheilt.

Ich fand die Idee, dass die Mechanischen, die ein eigenes Bewusstsein entwickelt haben, erkennen, dass es immer noch Unterschiede zum Menschen gibt und diese erforschen wollen, interessant für neu. Dass sie ihre Schöpfer fast so ansehen wie der Mensch Gott, fand ich spannend und kann darüber eine Weile nachdenken, obwohl ich es nicht für realistisch halte. Aber, wer weiß?

x501 – Veronika Carver

Ein Liebesroboter erfüllt die Wünsche ihrer Kunden. Sie weicht von der Norm ab, weil sie eifersüchtig zu sein scheint. Einer Stammkundin gefällt das gut. Trotzdem initiiert diese einen Systemcheck. Die Besonderheit geht dadurch verloren.

Hm, wie blöd kann man sein? Im Prinzip hätte ihr das bewusst sein müssen. Insofern kann ich das nicht nachvollziehen. Sehr kurze Story.

Zwischenstopp zum Biertanken – Kai Focke

Ein Alien materialisiert sich in einer Kneipe und verlangt einen Liter Bier. Das dient seinem Symbionten als Kraftstoff. Wir erfahren, dass die Aliens die Braukunst an viele Spezies weitergegeben haben, um so ein Tankstellennetz aufzubauen. Die Story ist nicht ganz ernst zu nehmen, aber trotzdem irgendwie nett.

Fazit:

Ich glaube meine Kritik hört sich schlimmer an, als die Anthologie tatsächlich ist. Ich habe mich nicht ein einziges Mal geärgert, was ich bei schlechten Texten immer tue. Ich habe nur wenige Stellen im Buch markiert und ich wollte die Lektüre nie abbrechen. Ich fand einige Geschichten ganz nett, aber wirklich umgehauen hat mich keine, aber wirklich schlechte gab es auch nicht.

Ich vergebe sehr wohlwollende vier von fünf Sternen.

16. Januar 2024

Musica Fantastica – Jörg Weigand

Musica Fantastica – Jörg Weigand

AndroSF 166

p.machinery, Winnert, Oktober 2023

ISBN: 978 3 95765 319 2

Seiten 94

Preis: 12,90 €

Verlagsinfo:

Musik in Form von Melodien und Liedern, ein wesentlicher Bestandteil unserer Kultur, ist für viele Menschen ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens. Im Gegensatz dazu ist Musik in all ihren Ausprägungen viel weniger ein Thema in der Literatur, noch weniger im Teilgebiet der Fantastik und der Science-Fiction.

Jörg Weigand, seit Jahren selbst als Komponist – auch im fantastischen Bereich – tätig, legt hier eine Sammlung von Kurz- und Kürzestgeschichten vor, die sich in vielfacher Weise des Themas annehmen: eine gelungene Ergänzung seiner Komposition »Weltraummusik«, die zusammen mit Gedichten von Herbert W. Franke unter dem Titel »Astropoeticon« als CD erschienen ist (Freiburg 2017).

Von der Entstehung des weltweiten Klassikers »Stille Nacht« über die Sphärenklänge des Saturn bis zur von Kirchenglocken eingeläuteten Interpretation von Beethoven-Kompositionen reicht die Themenbreite dieser Geschichtensammlung, eine Fundgrube für Musikliebhaber wie auch für Freunde der Fantastik und der Science-Fiction.

Für mich ist dieser kleine Band von Kurzgeschichten wie Pralinés für Zwischendurch. Die Musik spielt in jeder Geschichte eine Rolle, aber das wird immer wieder anders umgesetzt. Ich empfehle, die die Storys nicht einfach so runter zu lesen, sondern sich eine für jeden Tag zu gönnen. Man merkt dem Autor an, dass die Musik für ihn von großer Bedeutung ist und das verarbeitet er gewohnt gekonnt. Mir ist es jedenfalls nie langweilig geworden bei der Lektüre.

Obwohl alle Geschichten schon einmal an anderer Stelle veröffentlicht worden sind, finde dich die Idee, thematisch zu sortieren und neu zu veröffentlichen sehr gut.

14. Januar 2024

Die blauen Hnde von Lop Nor – Tom Turtschi

Die blauen Hunde von Lop Nor
AndroSF
p.machinery, September 2023
Softcover 268 Seiten
ISBN: 978 3 95765 3529
Preis: 16,90 €
Verlagsinfo:
Martin Eberhard hat im Labor mit der »Blue Dragon®« eine Tomate entwickelt, die gegen die weltweit grassierende Tomatenseuche resistent ist. Er reist für den Konzern nach Xinjiang, um bei der Lop Nor Potash Company die Beimischung des notwendigen Zusatzstoffes in den Dünger zu begleiten. China zeichnet für achtzig Prozent der weltweiten Tomatenproduktion verantwortlich, die industrielle Herstellung des Düngers muss vor Ort erfolgen. Der Direktor der Düngemittelfabrik lässt Eberhard warten. Auf Betriebsführungen staunt er über den riesigen Industriekomplex mitten in der Wüste. Über hundert Kilometer lange Kanäle, die die Sole zum Werk führen, Salzbecken mit der vierfachen Fläche der Stadt Paris, gigantische technologische Anlagen. Die Wüste fasziniert ihn, genauso seine forsche Reisebegleiterin. Sie fahren durch imposante Landschaften, besuchen die Ruinen untergegangener Kulturen entlang der Seidenstraße. Sie treffen auf die Krater der Atomtest aus den Sechzigerjahren, auf illegale Goldschürfer, die in der verstrahlten Erde nach dem Glück suchen. Zunehmend beginnt er an seiner Wahrnehmung zu zweifeln: Die Wüste narrt ihn mit Trugbildern, die Absichten seiner Reisebegleiterin werden immer undurchsichtiger. In der alten Ruinenstadt Loulan erscheinen ihm die blauen Hunde von Lop Nor. Sie konfrontieren ihn mit den Auswirkungen seiner Forschung und schicken ihn auf einen Trip durch die Geschichte der Farbe Blau. Die Zeitreise führt ihn vom Mittelalter über die Industrialisierung zum ersten Weltkrieg bis in die Gegenwart. Schließlich muss er sich dafür verantworten, was die Spezies Mensch mit dem blauen Planeten angestellt hat.
In der Verlagsinfo wird der Inhalt des Romans ganz gut zusammengefasst und da ich das Ende nicht verraten möchte, werde ich nicht mehr über den Inhalt verraten.
Dass Tom Turtschi keine »Standardtexte« abliefert, war mir bekannt. Ich kenne einige seiner Kurzgeschichten und Romane. Auch, dass er sich gerne für unsere Breiten ungewöhnliche Orte für seine Handlungen sucht, wusste ich. Wie er das alles aber miteinander verwoben hat, hat mich dann doch erstaunt. Er lässt seinen Roman in China spielen und gesteht im Nachwort, dass er niemals dort gewesen ist. Das tut seiner Erzählung aber keinen Abbruch, denn er schildert die nie gesehene Landschaft so intensiv, dass man den Sand vor Augen hat. Um das tun zu können, hat er sich mit Bildbänden und im Internet schlau gemacht und zwar so, dass man ihm jede Beschreibung völlig abkauft. Nicht nur die Landschaft wird von ihm eindrücklich beschrieben, auch das System, das mit Minderheiten nicht gerade glimpflich umgeht, wird kritisiert. Aber nie mit erhobenem Zeigefinger, sondern mehr als Beschreibung einer Realität.
Was mich aber am meisten erstaunt hat, ist, wie viel ich in diesem Buch lernen konnte. Der Autor unternimmt mit dem Leser eine Zeitreise zurück zu den Anfängen der Farbe Blau. Er schildert, wie welches Blau exakt gewonnen wurde, was es dabei für Risiken für Mensch und Umwelt gab. Er verzahnt beide Erzählstränge so gekonnt, dass man sich nie fragt, was das soll. Allerdings gestehe ich, dass die die Blauausführungen bis fast zum Ende für Erlebnisse im Fieberwahn hielt. Das wird am Schluss völlig anders aufgelöst und mit dieser Wendung bekommt der Autor dann auch den Dreh zur Science-Fiction noch besser hin, als er nur durch die verseuchten Tomaten gelungen wäre.
Es gelingt dem Autor, alle Figuren im Roman lebendig werden zu lassen.
Dieser Roman ist nicht auf die herkömmliche Art und Weise spannend, aber dennoch irgendwie fesselnd. Man möchte wissen, ob Martin gesund wird und man möchte wissen, wie es mit dem Blau weitergeht. Einzig die zitierten Textstellen zum Ende hin, waren mir dann doch zu viel des Guten. Aber das ist mein ganz ureigener persönlicher Geschmack.
Wer bereit ist, sich auf den Text einzulassen, wer gerne mehr über die chinesische Wüste erfahren möchte, und wen die Geschichte der Farbe blau interessiert, der ist mit diesem Roman gut bedient.

13. Januar 2024

Jenseits der Hoffnung – Ivan Ertlov

Andro SF 162

p.machinery, Winnert, August 2023

Seiten: 196

ISBN 978 3 95765 317 8, EUR 15,90 (DE)

E-Book: ISBN 978 3 95765 787 9, EUR 5,49 (DE)

Klappentext:

London, 1854: Der Krieg tobt, aber der Adel tanzt! Während Tausende Luftschiffe verfeindeter Nationen verbissen um die Vorherrschaft am Himmel über Europa ringen, vergnügt sich die feine Gesellschaft Londons am Tanzparkett rauschender Ballnächte. Gin, Champagner und Cognac fließen in Strömen; es wird getanzt und gebalzt, sei es für den Heiratsmarkt oder die widerwillig gebilligten Begierden französischer Gäste. Junge Damen taktieren auf der Jagd nach einer standesgemäßen Verlobung und je höher ihr gesellschaftliches Ansehen, desto besser ihre Karten. Eine denkbar ungünstige Ausgangssituation für Shiara Kirwashi. Nicht nur ist sie als uneheliche Tochter von Lord Lockerby, als Bastardin des Flaggenoffiziers, kaum mehr wert als eine Kammerdienerin, nein, das indische Blut ihrer Mutter verleiht ihr jenen exotischen Reiz, der sie in den Augen britischer Männer zwar begehrenswert, aber nicht heiratswürdig macht. All dies kümmert sie herzlich wenig – denn sie hat sich in den Kopf gesetzt, die erste Luftoffizierin Ihrer Majestät zu werden. Aber selbst als der Feind über die Hauptstadt hereinbricht und Pulverdampf den Himmel über London verfinstert, ahnt die junge Kadettin nicht, welches Grauen noch auf sie wartet …

Der Klappentext gibt die Handlung so gut wieder, dass ich keine weitere Zusammenfassung liefern brauche.

Der Roman beginnt wie einer der beliebten Historienromane, aber schnell erscheinen ganze Flotten von Luftschiffen und es wird klar, dass wir uns in einer Steampunkwelt befinden. Im viktorianischen Groß Britannien also.

Shiara und ihre ganze Familie leben nur nach außen hin den gängigen Konventionen entsprechend. Ihr Vater hat seine Frau geheiratet, um ihr zu ermöglichen, nach außen nicht sichtbar mit ihrer Lebensgefährtin als achtbare Frau zu leben. Er selbst hat in Indien seine große Liebe gefunden und mit ihr Shiara gezeugt. Das spricht dafür, dass er keinerlei Bedenken hatte, eine Beziehung mit einer Frau einzugehen, die in seiner Heimat nie und nimmer als Ehefrau geduldet worden wäre. Rassismus gibt es in dieser Familie nicht, sondern einen Haufen von Freigeistern.

Shiara setzt sich als Frau im Militär durch und auch das entspricht nicht der Norm.

Über weite Strecken dachte ich, dass dieser Roman auch von einer Frau hätte verfasst worden sein können, aber es gab auch Stellen, an denen ich merkte, dass es doch ein Mann war, der versuchte, sich in eine Frau einzudenken. (Ich habe in meinem ganzen Leben niemals einen Mann nach seinen Waden beurteilt.) ;-) Aber irgendwie waren diese Stellen dann doch auch auf eine Art liebenswürdig.

Die Insel, auf der Shiara nach dem Abschuss landet, hat mich im ersten Moment ein wenig aus der Handlung gerissen, denn auf so eine Wendung war ich nicht vorbereitet. Hier wird dann reichlich Fantasy mit eingeflochten, aber nachdem ich mich eingefunden hatte, fand ich den weiteren Verlauf der Story wieder stimmig, denn auch hier kann sich unsere Heldin beweisen.

Das Ende hört sich für mich so an, als könnten man sich auf weitere Abenteuer von Shiara freuen. Ich würde sie auf jeden Fall gerne lesen.

Fünf von Fünf Sternen

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