Elysion & Tartaros – Sascha Dinse
Edition Subkultur, Berlin, 13.10.2022
ISBN: 978-3948949204
Seiten: 270 Seiten
Preis: 14,90 Euro
Elysion & Tartaros ist bereits der vierte Kurzgeschichtenband von Sascha Dinse und wieder einmal hat der Autor mich mit seinen Storys begeistern können. Er versteht es wie kein zweiter, mich in die Geschichten hineinzuziehen, Spannung zu erzeugen und die die Fantasie anzuregen. Er führt uns in die Welt hinter der Welt, die nur darauf lauert, das zu überdecken, was wir kennen, er zeigt uns Risse im Bekannten, hinter denen der blanke Horror haust, er macht aus Tieren und Insekten Bedrohungen, die teilweise recht ekelig daher kommen. Dabei erzählt er nie chronologisch, sondern bietet Versatzstücke, die wie bei einem Puzzle erst am Ende ein Ganzes ergeben. Er zeichnet seine Figuren sehr liebevoll und sorgfältig, sodass wir als Leser sie verstehen und auch manches Mal Mitleid mit ihnen haben, oder sie verachten, wobei selbst bei denen, die wir verachten, eine gewissen Sympathie, wenigstens aber ein Verständnis vorhanden ist. Denn so, wie Sascha Dinse seine Geschichten schreibt, kann man sich vorstellen, dass uns dieser Wahnsinn jeden Tag ereilen könnte. Der Autor lässt den Leser oft denken: Was wäre wenn … Für mich ist das eine hohe Kunst, die Sascha Dinse perfekt beherrscht. Ich mag es auch, dass es – ähnlich wie bei King – Personen gibt, die immer wieder auftauchen. Sie kommen einem inzwischen vor wie alte Bekannte. Wie der Autor vorab schon verrät, werden einige dieser bekannten Personen auch in seinem Debütroman vorkommen, auf den man jetzt schon sehr gespannt sein darf.
Das Einzige, was bei einer Kurzgeschichtensammlung eher auffällt, als wenn man die Geschichten im Abstand in verschiedenen Veröffentlichungen liest, sind gewisse Wiederholungen und/oder Floskeln, die häufig wiederkehren. So scheint der Mond z.B. ständig fahl. ;-) Aber das ist Jammern auf hohem Niveau, denn ansonsten hat dieser Band für mich keine Mängel. Der Autor führt einen ebenso gut ins viktorianische England wie in die Zukunft. Bei ihm leben nicht nur die handelnden Charaktere, sondern er lässt auch die Ortschaften bildhaft vor den Augen erscheinen. Auch wenn es sich vielleicht unwahrscheinlich anhören mag, aber Sascha Dinse erzählt mit seinen Horrorstorys oft auch sehr intensive und einfühlsame Liebesgeschichten, wirft die Frage auf, wie weit würde man gehen für die eine Person, von der man weiß, es ist die richtige. Ist man gewillt, dafür alles aufzugeben? Geht man mit ihr an Stellen, die man besser meiden sollte? Stellen, an denen das wahre Grausen auf einen lauert. Und er wirft die Frage auf, ob die wahre Liebe überhaupt mit dem Tod enden kann. Besteht sie nicht irgendwie weiter? Wird sie vom anderen auch im Jenseits wahrgenommen? Bei Sascha Dinse wird mit einer Inbrunst geliebt, die berührt. Ein weiterer Aspekt, der auch immer wieder vorkommt, ist die Kunst und der Künstler. die Zerrissenheit vom Applaussüchtigen und dem ewigen Zweifler. Was darf Kunst? Rechtfertigt der Erfolg alles? Muss sie verstanden werden?
Alles in Allem sind Sascha Dinses Geschichten vielschichtiger, mit Verweisen gespickt, mit Metaphern belegt und allesamt zum Mehrfachlesen geeignet. Daher kann ich mal wieder nur die Höchstpunktzahl vergeben: Fünf von fünf Sternen.

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